Ukraine 2012

Die Reise zum Mittelpunkt Europas


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Reisebericht aus Wheelie 11/2012
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Auszug aus dem Reisetagebuch:

"Der Himmel verdunkelt sich immer mehr. Schon höre ich die ersten dicken Regentropfen auf meinen Helm niederprasseln, nur ganz vereinzelt aber deutlich wahrnehmbar. Nach der langen Fahrt durch die Ebene ohne jeden Schatten haben ist mein Körper aufgeheizt von der unbarmherzigen Mittagshitze. Lange habe ich mir eine Abkühlung herbeigesehnt. Jetzt, wo wir die Ebene verlassen wollen um in die hohen Gebirgszüge der Karpaten zu erklimmen türmen sich dunkle Wolken bedrohlich vor uns auf. In der Ferne sehe ich die ersten Blitze, die irgendwo aus den düstren Wolken. Ich versuche dem Donner zu lauschen, doch das dumpfe Grollen der KTM lässt es nicht zu.

So erreichen wir Petrosani, wo wir die Hauptstraße verlassen wollen und über kleine Sträßchen eine Passhöhe von über 1500m erklimmen wollen. Angesichts der bedrohlichen Wolkenkulisse stoppe ich direkt an der Abzweigung um mich kurz mit den anderen zu beraten. Frank ist dagegen weiterzufahren. Zu bedrohlich scheint ihm die Wolkenkulisse die nun direkt auf unserer Fahrlinie zu liegen scheint. Er streunt hin und her wie eine vom Wasser eingeschlossenen Katze. Während wir lebhaft diskutieren wird Fritz unverhofft von einem einheimischen in ein Verkaufsgespräch verwickelt. Nur 50€ will er für das gut erhaltene Handy das er verzückt aus der Tasche zieht um es uns anzupreisen. Enttäuscht, ja gar verständnislos reagiert er auf unser Desinteresse. Doch wir haben ganz andere Sorgen.

Schließlich sehen wir keine andere Option und entschließen uns zur Weiterfahrt, und haben uns bereits damit abgefunden in starken Regen zu geraten und sind darauf vorbereitet die nassen tropfen zumindest für eine weile von unserem Körper abzuhalten. Die Strasse windet sich den Berg hinauf durch eine Schlucht, die wohl in Jahrhunderten oder gar Jahrtausenden durch einen kleinen Gebirgsfluss geformt wurde. Die Straße ist nass und wir fahren entsprechend vorsichtig auf dem teils glitschigen Untergrund. Immer weiter geht es hinauf. Als sich die Schlucht immer weiter aufweitet genießen wir den tollen Ausblick in die vor uns liegende Bergkulisse. Der Himmel strahlt nun plötzlich friedlich, nur vereinzelte weiße Schäfchenwolken sind zu sehen. Nichts erinnert mehr an die bedrohliche Kulisse, die uns vor einigen Minuten noch geängstigt hatte.

Das Unwetter scheinen wir umfahren zu haben und wir erreichen erleichtert die erste Passanhöhe.

Irgendwo in der Hochebene muss die Straße abzweigen zu unserem eigentlichen Ziel, dem Urdele Pass. Vorher wollen wir noch eine Rast einlegen in einem kleinen Restaurant.

Bereits vor 5 Jahren war ich hier gewesen. Im strömenden Regen hatten wir uns damals von der anderen Seite aufgemacht den Urdele Pass zu erklimmen. Kurz nach der Abzweigung von der Asphaltierten Straße waren wir damals an eine Holzbrücke gelangt, die mit einer Schranke versperrt war. Während wir diskutierend davor standen war aus einem nahe gelegenen Bauwagen ein Waldarbeiter zu uns gekommen. Ein hagerer zäher Bursche mit einem freundlich interessierten Gesichtsausdruck. “Ihr könnt es schon versuchen” versucht er uns klar zu machen nachdem wir ihm gestenreich unser Vorhaben erklärt hatten. “Allerdings hat dieses Jahr noch niemand den Pass überquert” lässt er uns wissen. Wir überlegen nicht lange, der Waldarbeiter öffnet uns die Schranke und ein Hauch von Abenteuer liegt in der Luft als wir die Holzbrücke überqueren.

Der Weg schlängelt sich zunächst noch am Fluß entlang um schließlich in einen bewaldeten Hang abzuzweigen. Langsam gewinnen wir an höhe und schlängeln uns im dichten Wald entlang als uns plötzlich ein umgestürzter Baum den Weg versperrt. Durch den dichten Wald gibt es keine Möglichkeit zum Ausweichen. Zu zweit schaffen wir es schließlich die Zweige soweit nach oben zu drücken um ein Motorrad nach dem anderen darunter hindurch zu manövrieren. So geht es die nächsten Kilometer weiter. Immer wieder versperren in den Weg ragende umgestürzte Bäume und Äste den aufgeweichten Schotterweg. Als wir schließlich den Wald hinter und lassen gelangen wir an einer verlassenen und halb zerfallenen Scheune vorbei auf Almfläche. Der Regen hat sich inzwischen in ein nieseln umgewandelt und wir sind umgeben von dichtem Nebel, der unsere Sichtweite auf unter 100 Meter begrenzt. An den immer kühleren Temperaturen merken wir das wir zusehends an Höhe gewinnen. Plötzlich scheint sich der Weg zu verlieren und vom Nebel verschluckt zu werden. Als wir näher kommen erkennen wir das ein großes Schneefeld den Weg versperrt.

Der Schnee liegt schwer und sulzig über den Weg . Durch den dichten Nebel sehen wir nur ein weißes etwas vor uns liegen. Zu Fuß durch den schweren Schnee versuchen wir den verlauf des Weges weiter zu verfolgen auf der Suche nach einer befahrbaren Ausweichmöglichkeit. Wir finden schließlich eine befahrbare Möglichkeit, die direkt über den steilen hang die Kehre unterhalb abkürzt. Ein Motorrad nach dem anderen bringen wir so nach oben während wir immer zu zweit dem jeweiligen Piloten den Weg durch den dichten Nebel weisen. Zuletzt bewege ich die voll beladene Big nach oben und erreiche mit ausreichendem Schwung den kleinen Wall der die Wegbegrenzung darstellt wieder den Weg. Ich halte kurz an um auf die anderen zu warten als sich die dichte Wolkenwand die uns umgibt kurz lichtet und und einen kurzen Blick auf die Landschaft um uns herum erlaubt. Der Ausblick ist überwältigend. Neben uns erkenne ich ein tiefes Tal. Die Hänge sind schroff und nach einem langen Winter Verdrängen die grünen Flächen den grau gewordenen Schnee immer mehr. Für einen Moment sind die Strapazen vergessen und unser Vorhaben scheint wieder einen Sinn zu haben.

Einen viel zu kurzen Augenblick können wir diesen Moment genießen. Wie versteinert stehen wir da, aber im Nächsten Moment zieht sich schon die nächste dichte Wolke über uns zusammen und beraubt uns wieder der Sicht.

Wir fahren langsam weiter. Schmelzwasser rinnt uns auf dem felsigen Weg entgegen. Große Geröllbrocken, die der tauende Schnee freigegeben hat gilt es zu umfahren.Der Höhenmesser zeigt an das wir schon bald den höchsten Punkt erreichen werden. Auf der Anhöhe wird dann all unsere Hoffnung zerstört. Ein Gewaltiges Schneebrett versperrt an einer Schmalen Stelle den Weg. Wir steigen ab und schauen uns um. Der Schnee ist zu nass und zu schwer, zu steil der Abhang um hier an ein weiterkommen zu denken. Wir diskutieren lange, groß ist die Enttäuschung aber uns bleibt keine andere wahl als umzukehren um noch vor Einbruch der Dunkelheit wieder auf der Hauptstrasse sein zu können...

Diese Erinnerungen gehen mir durch den Kopf als wir die Kammstraße erreichen und wieder das Restaurant erreichen. Der Parkplatz ist voll mit Autos und die Großzügige Terasse voll besetzt mit Gästen. Gleich beim Absteigen spricht uns ein Rumänische Motorradfahrer an, der mit seiner frisch geputzten VFR mit ebenfalls herausgeputzter Sozia hier unterwegs ist. Die üblichen Worte werden ausgetauscht, woher, wohin. Er erzählt von einer nagelneuen Passtrasse, die er gekommen ist..."